#11 I Sascha Chaimowicz über Beigeisterung, Story Telling und was wir von Redaktionen lernen können
Sascha Chaimowicz ist Co-Chefredakteur des ZEITmagazins und kennt die Mechanismen hinter erfolgreichen Geschichten. In dieser Folge sprechen wir über Storytelling als Schlüssel zur Sichtbarkeit, was Redaktionen wirklich interessiert, welches Teammitglied am Besten die Öffentichkeitsarbeit übernimmt– und darüber, dass die Gastronomie anfangen darf, wieder über das Schöne zu sprechen.
Gelernt von Sascha:
1. Was Gastronomen aus der Wochenstruktur einer Redaktion lernen können
Redaktionen haben einen klaren Innovationszyklus, der sich auch auf die Gastronomie übertragen lässt. Sascha beschreibt drei zentrale Meetings, die den kreativen Prozess steuern:
Die Themenkonferenz: Hier werden neue Ideen und Storys gesammelt und besprochen – vergleichbar mit einer Kreativrunde für neue Gerichte oder Konzepte in einem Restaurant.
Die Blattkritik: Ein wöchentlicher Rückblick auf die veröffentlichte Ausgabe, um Learnings zu ziehen – ähnlich einer Review, in der Gerichte analysiert und optimiert werden.
Das tägliche Stand-Up: Hier wird geklärt, welche Themen aktuell wichtig sind – so wie ein Service-Briefing in der Gastronomie.
Learnings:
Regelmäßige Reflexion und Kreativsessions verbessern langfristig die Qualität.
Systematische Meetings bringen Struktur in Innovationsprozesse – sei es in der Redaktion oder in der Restaurantküche.
Daten und Feedback nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
2. Wie du als Gastronom Zugang zu Redaktionen bekommst
Sascha gibt klare Tipps, wie Gastronomen ihre Geschichten so erzählen, dass sie für Medien interessant werden.
Wichtige Erfolgsfaktoren:
Klare Botschaft: Jede gute Story lässt sich in einem Satz zusammenfassen („Küchenzuruf“). Wer seine Geschichte nicht in wenigen Sekunden verständlich machen kann, hat wenig Chancen auf Veröffentlichung.
Einzigartigkeit betonen: Warum ist dein Konzept besonders? Gibt es einen speziellen kulinarischen Ansatz, eine außergewöhnliche Herkunft oder eine mutige Entscheidung?
Persönlichkeit zeigen: Menschen mit echter Leidenschaft sind für Journalisten besonders spannend – ob Koch, Sommelier oder Gastgeber.
Relevanz für die Gesellschaft herstellen: Themen, die über das Restaurant hinausgehen (z. B. Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Trends, außergewöhnliche Geschäftsideen), sind für Redaktionen interessanter als reine Eigenwerbung.
Gezielte Ansprache: Massenmails („Sehr geehrte Damen und Herren“) landen oft direkt im Papierkorb. Eine personalisierte, kurze und prägnante Nachricht hat höhere Erfolgschancen.
Learnings:
Fasse dein Konzept in einem einzigen starken Satz zusammen.
Überlege, welche Aspekte über dein Restaurant hinaus spannend sind.
Emotionale und leidenschaftliche Erzählungen kommen besser an als trockene Fakten.
3. Themen, die Redaktionen besonders interessieren
Laut Sascha gibt es einige Story-Formate, die regelmäßig gut ankommen:
Persönliche Geschichten: Wie bist du zur Gastronomie gekommen? Gab es eine überraschende Wendung in deiner Karriere?
Trendthemen: Innovative Food-Konzepte, Nachhaltigkeit, neue Essgewohnheiten.
Gesellschaftliche Aspekte: Wie beeinflusst dein Restaurant Themen wie Gleichberechtigung, Inklusion oder Regionalität?
Design & Architektur: Besonders außergewöhnliche Restaurants ziehen mediale Aufmerksamkeit auf sich.
Gastronomie als Kultur: Wie Restaurants das gesellschaftliche Leben prägen.
Learnings:
Nicht nur das Essen zählt – das Gesamtkonzept und die Geschichte dahinter sind genauso wichtig.
Überlege, welche aktuellen Trends dein Restaurant aufgreift und wie du sie medial nutzen kannst.
4. Social Media als Türöffner für Medienberichterstattung
Sascha betont, dass viele Journalisten sich zuerst den Instagram-Account eines Restaurants ansehen, bevor sie eine Geschichte in Erwägung ziehen.
Wichtige Punkte für einen starken Social-Media-Auftritt:
Konsistenz: Eine klare visuelle Sprache und ein durchgängiges Storytelling helfen, professionell wahrgenommen zu werden.
Echte Einblicke: Zeige die Menschen hinter dem Konzept und ihre Leidenschaft für das, was sie tun.
Emotionen und Storytelling nutzen: Nicht nur Speisen posten, sondern Geschichten erzählen.
Learnings:
Ein guter Social-Media-Auftritt ist die Visitenkarte für Journalisten.
Professionelle und konsistente Inhalte erhöhen die Chance, von Redaktionen wahrgenommen zu werden.
Authentizität und Emotionalität sind wichtiger als Perfektion.
5. Warum Gastronomen weniger über ihre Herausforderungen sprechen sollten
Ein großes Problem in der Gastronomie ist laut Sascha die ständige Problemkommunikation. Viele Gastronomen reden in Interviews und Berichten vor allem über Fachkräftemangel, hohe Kosten oder schwierige Marktbedingungen. Das schreckt jedoch Gäste ab und trägt zu einem negativen Gesamtbild der Branche bei.
Tipps für eine positivere Außendarstellung:
Fokus auf Erlebnisse und Genuss: Menschen wollen lesen, warum dein Restaurant ein besonderer Ort ist – nicht nur, warum es gerade schwierig ist.
Problematisierungen reduzieren: Herausforderungen gehören dazu, aber sie sollten nicht die Hauptstory sein.
Inspirierende Geschichten erzählen: Erfolgsgeschichten, kreative Konzepte und kulinarische Visionen stehen im Vordergrund.
Learnings:
Erfolgreiche Gastronomen vermitteln Begeisterung, nicht Probleme.
Berichte über Herausforderungen nur dosiert platzieren – sie sollten nicht die Hauptstory sein.
Positive Kommunikation stärkt das Image der gesamten Branche.
Fazit: Wie du als Gastronom erfolgreicher in den Medien präsent bist
Sascha Chaimowicz zeigt, dass Gastronomie und Journalismus viele Parallelen haben – von der strukturierten Ideenentwicklung bis zur regelmäßigen Reflexion. Für Gastronomen bedeutet das:
1. Lerne, deine Geschichte kurz und prägnant zu erzählen („Küchenzuruf“).2. Identifiziere, was dein Restaurant einzigartig macht – sei es kulinarisch, kulturell oder gesellschaftlich.3. Social Media ist ein Türöffner für Berichterstattung – nutze es professionell.4. Reduziere Problemkommunikation – Menschen wollen begeistert werden, nicht deprimiert.5. Knüpfe persönliche Kontakte zu Journalisten – Massenmails haben selten Erfolg.