LAG Schleswig-Holstein Urteil v. 30.09.2014 – 1 Sa 107/14
Vorinstanz: ArbG Flensburg v. 30.01.2014 – 2 Ca 277/12
Sachverhalt:
Die Klägerin war seit 1976 bei der Bundeswehrverwaltung als Botin und später als Kammerarbeiterin in der Kleiderkammer beschäftigt. Aufgrund einer frühkindlichen Schädigung ist sie schwerbehindert (GdB 100) und kann nur einfache Tätigkeiten ohne eigenen Entscheidungsspielraum ausführen.
Durch den Umbau der Streitkräfte und die Abschaffung der Wehrpflicht verringerten sich die an ihrem Standort anfallenden Tätigkeiten erheblich. Eine Versetzung an einen anderen Dienstort war aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Ab September 2011 wurde die Klägerin täglich nur für kurze Zeit mit unterwertigen Tätigkeiten beschäftigt, darunter:
- Bündeln von Kleiderbügeln,
- Zerreißen von Pappkartons,
- Zerschneiden von Uniformabzeichen,
- Freitags Reinigungstätigkeiten,
- Sortieren von Knöpfen, wobei die Knöpfe abends absichtlich wieder durcheinandergebracht wurden, sodass die Klägerin sie am nächsten Tag erneut sortieren musste.
Die Klägerin empfand diese Tätigkeiten als erniedrigend und machte eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts geltend. Sie forderte eine Entschädigung von mindestens 10.000 Euro.
Das Arbeitsgericht Flensburg sprach ihr zunächst 5.000 Euro zu, da die Zuweisung der Tätigkeiten als eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts gewertet wurde. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein.
Urteilsgründe:
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein bestätigte, dass die Klägerin durch die Art ihrer Beschäftigung in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wurde, insbesondere durch:
Das Sortieren von Knöpfen, die absichtlich wieder durcheinandergebracht wurden, was als sinnlose und entwürdigende Arbeit eingestuft wurde.
Die stundenweise völlige Untätigkeit, die eine Abwertung ihrer Arbeitskraft bedeutete.
Allerdings wurde die Klage auf Entschädigung abgewiesen, da das Gericht die Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht als schwerwiegend genug einstufte, um eine Geldentschädigung zu rechtfertigen.
Ausschlaggebend war:
Kein vorsätzliches Schikanieren durch den Arbeitgeber: Die Umstrukturierung der Bundeswehr war der Hauptgrund für den Wegfall der regulären Tätigkeiten.
Keine Versetzungsmöglichkeit: Die Klägerin konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an einen anderen Standort wechseln.
Kein schweres Verschulden des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber hatte die Klägerin nicht aktiv herabgesetzt oder diskriminiert, sondern stand vor einem organisatorischen Problem.
Das Gericht argumentierte, dass eine Entschädigung nur bei einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geboten sei, was hier nicht vorliege.
Daher wurde die Berufung der Beklagten erfolgreich und die Zahlung der 5.000 Euro Entschädigung aufgehoben.
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